Dehnungen
Metallische Bauteile können sich verformen oder sogar brechen, wenn sie zu stark belastet werden. Als Maß für die innere Belastung hat sich die mechanische Spannung im Ingenieursbereich etabliert. Typischerweise mit dem griechischen Formelzeichen sigma s abgekürzt. Diese Spannung stellt die inneren Kräfte im Bauteil dar (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Äußere und innere Spannungen
Wird durch eine zu hohe äußere Belastung (z.B. eine äußere Kraft F) die innere Spannung zu hoch, versagt der Werkstoff und es kommt zur Verformung oder zum Bruch. Unsere Aufgabe ist es also, sicher zu stellen, dass diese kritische Belastung nicht überschritten wird. Die innere Spannung darf also eine bestimmte Grenze nicht überschreiten.
Spannungen im inneren eines Bauteils kann man jedoch nicht von außen messen. Es ist jedoch so, dass bei den allermeisten Bauteilen, die maximalen Spannungen an den Bauteiloberflächen vorliegen. Und an den Oberflächen kann man die durch die Spannungen verursachten Dehnungen (Verformungen) messen.
Wenn Werkstoffe durch Kräfte belastet werden, dehnen sie sich aus oder werden gestaucht. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist ein Gummizug, der sich schon bei verhältnismäßig kleinen Belastungen sehr stark ausdehnt. Die Dehnungen sind sogar mit bloßem Auge sichtbar. Anders ist es jedoch bei metallischen Bauteilen. Sie dehnen sich in der Regel sehr wenig aus. So dehnt sich zum Beispiel eine Fahrradkurbel auf der Oberseite durch die aufgebrachte Fußkraft aus (Zugspannungen) und wird auf der Unterseite gestaucht (Druckspannungen). Mit bloßem Auge ist dies in der Regel nicht sichtbar. Allerdings können diese Dehnungen zum Beispiel mittels Dehnmessstreifen (auch DMS oder Dehnungsmessstreifen genannt) gemessen werden.
Die Dehnung ε (mit dem griechischen Epsilon Symbol abgekürzt) ist demnach definiert durch eine Änderung der Länge L eines Bauteils. Dabei bezieht man die Längenänderung ΔL auf die Ausgangslänge L0.
Dehnung = ε = ΔL/L0
Abbildung 2: Zug- und Druckspannung an einer Fahrradkurbel (ähnlich Biegebalken)
Mit Hilfe der Festigkeitslehre, einem Sondergebiet der technischen Mechanik, können die so ermittelten Dehnungen in Spannungen umgerechnet werden. Somit kann auf diese Weise sichergestellt werden, dass die Grenzbelastung nicht nur rechnerisch, sondern auch in der Realität nicht überschritten wird.
Zusammenhang zwischen Dehnung und Spannung
Im Oben genannten Beispiel des Gummizugs und der metallischen Fahrradkurbel kann man schon erahnen, dass der Zusammenhang zwischen Dehnung ε und Spannung σ von der Steifigkeit abhängt. In diesem Fall von der Steifigkeit des Werkstoffs, dem Elastizitäts-Modul oder auch E-Modul genannt (Formelzeichen E). Für Stahl beträgt dieser zum Beispiel 210.000 N/mm². Hinweis: Der E-Modul wird typischerweise im Zugversuch mittels Feindehnungsaufnehmer oder mittels DMS bestimmt.
Im einfachsten Fall eines Zugstabs gilt die Formel
σ = ε • E.
Berechnungsbeispiel:
Bei einer Dehnung von ε = 0,002 ergibt sich bei einem Zugstab aus Stahl die Spannung:
σ = 0,002 * 210.000 N/mm² = 420 N/mm²
Ohne den E-Modul des Werkstoffs zu kennen, kann man also aus einer Dehnung keine Spannung ermitteln.
E-Moduli typischer Konstruktionswerkstoffe sind:
Tabelle 1: E-Moduli typischer Werkstoffe
Werkstoff | E-Modul in N/mm² |
Stahl | 210.000 |
Aluminium | 70.000 |
Titan | 110.000 |
Magnesium | 44.000 |
CFK | Ca. 150.000 – 350.000 |
Bei unbekannter Belastungssituation, wie es an vielen technischen Bauteilen der Fall ist, ist die Situation komplizierter. Hierbei ist es dann nicht ausreichend die Dehnung nur in eine Richtung zu messen. Es muss in drei Richtungen mit sogenannten DMS-Rosetten gemessen werden. Hierbei wird typischerweise in 0°, 45° und 90°-Richtung gemessen, wie nachfolgend exemplarisch gezeigt:
Abbildung 3: DMS-Rosette (Kyowa)
Wie man DMS-Rosette einsetzt und auswertet wird im nächsten Blog beschrieben.
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